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Grundsatzentscheidung zum nachehelichen Betreuungsunterhalt

Der für Familiensachen zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte am 18. März 2009 (Az. XII ZR 74/08) erstmals seit Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform über den nachehelichen Betreuungsunterhalt zu entscheiden.

In der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1570 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von anderen Ehegatten wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht. In der Rechtsprechung und Literatur war seither heftig umstrittenen, unter welchen Voraussetzungen dem betreuenden Elternteil eines Kindes Betreuungsunterhalt zusteht und ob dieser Anspruch zeitlich befristet werden kann.

Mit der Einführung des sogenannten Basisunterhalts hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die Entscheidung überlassen, ob er das Kind in den ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will. Der betreuende Elternteil kann während dieser Zeit eine schon bestehende Erwerbstätigkeit wieder aufgeben und sich voll der Erziehung und Betreuung des Kindes widmen. Erzielt er gleichwohl eigene Einkünfte, weil das Kind anderweitig betreut wird, kann das überobligatorisch erzielte Einkommen teilweise angerechnet werden. Dies ist jedoch nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden. Ab Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes steht dem betreuenden Elternteil seit Inkrafttreten der Unterhaltsreform nur noch ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus Billigkeitsgründen zu. Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kind- und elternbezogenen Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich. Ein abrupter Wechsel von der elterlichen Vollbetreuung quasi über Nacht zur Vollzeiterwerbstätigkeit ist damit ausgeschlossen.

Vorrangig ist nun im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Betreuung des Kindes auf andere Weise gesichert werden kann. Ein Vorrang der persönlichen Betreuung durch die Eltern gegenüber anderweitigen Betreuungsmöglichkeiten (Tagespflege, Hort etc.) besteht nun nicht mehr. Soweit die Betreuung des Kindes sichergestellt oder auf andere Weise kindgerecht möglich ist, können einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils allerdings auch andere Gründe entgegenstehen, insbesondere der Umstand, dass der ihm verbleibende Betreuungsanteil neben der Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann. Hinzu kommen weitere Gründe nachehelicher Solidarität, etwa ein in der Ehe gewachsenes Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung.

Im konkreten Fall hatte eine Studienrätin mit einem Kind eine 70 %-Stelle. Das Kammergericht Berlin hatte der Frau wegen der Betreuung des Kindes monatlich rund 840 € Unterhalt von ihrem Ex-Mann zugesprochen. Die Lehrerin müsse nicht voll arbeiten. Die Karlsruher Richter urteilten hingegen, dass der Geschiedenen ab dem siebten Geburtstag ihres Kindes grundsätzlich eine Ganztagsarbeit zumutbar sei, wenn für das Kind nach der Schule eine Betreuungsmöglichkeit bestehe. Das Kammergericht hatte zuvor die Reduzierung der Arbeit allein mit dem Kindesalter begründet. Dies sei vom neuen Recht aber nicht gedeckt, so die Bundesrichter und verwiesen den Fall an das Kammergericht zur Prüfung, ob im konkreten Fall Gründe für einen erhöhten Betreuungsbedarf des Kindes bestehen, zurück.

Die vom Ex-Mann begehrte Befristung des Betreuungsunterhalts scheidet aus, weil die neue Fassung des § 1570 BGB eine Sonderregelung für diese Billigkeitsabwägung enthält und insoweit bereits alle Umstände des Einzelfalles abschließend zu berücksichtigen sind. Das schließt es aber nicht aus, die Höhe des Betreuungsunterhalts in Fällen, in denen keine ehe- oder erziehungsbedingten Nachteile mehr vorliegen, nach Ablauf einer Übergangszeit zu begrenzen. Im Einzelfall kann dann der von einem höheren Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleitete Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen auf einen Unterhaltsanspruch nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten herabgesetzt werden. Diese Voraussetzungen lagen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor, weshalb die Bundesrichter die Entscheidung des Kammergerichts, den Unterhalt nicht zusätzlich zu begrenzen, gebilligt haben.

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