Freiwillige Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter, die nicht in den Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen oder den Arbeitsverträgen geregelt sind, können oft unerwartet zu „betriebliche Übungen“ werden und damit Leistungsverpflichtungen begründen.
Unter Betriebsübungen versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter gleichförmiger Verhaltensweisen des Arbeitgebers, die bei den Arbeitnehmern das Vertrauen entstehen lassen, dass die bestimmte Vergünstigung ihnen auf Dauer gewährt werden soll. Die häufigsten Fälle sind Zahlungen von Gratifikationen, Prämien, Weihnachts- und Urlaubsgeld, sowie Regelungen zu Pausen und Urlaubsgewährung. Zahlen Sie als Unternehmer also über mindestens drei Jahre etwa Gratifikationen in gleicher Art und Weise, so ist eine betriebliche Übung im Unternehmen entstanden, auf die Ihre Mitarbeiter einen Anspruch haben.
In Krisenzeiten bedeuten solche Vergünstigungen häufig eine Belastung für das Unternehmen, wovon sich der Unternehmer und Arbeitgeber befreien möchte. Das war nach bisheriger Rechtsprechung durch eine gegenläufige Betriebsübung möglich. Der Arbeitgeber musste seinen Mitarbeitern unmissverständlich mitteilen, dass die bisherigen Vergünstigungen in Zukunft nur freiwillig und ohne Begründung eines Rechtsanspruches erbracht werden. Widersprachen die Arbeitnehmer dem über einen Zeitraum von drei Jahren nicht, bestand keine Verpflichtung des Arbeitgebers mehr.
Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 18. März 2009 (10 AZR 281/08) diese Rechtsprechung aufgegeben. Nach § 308 Nr.5 BGB ist eine Regelung unwirksam, in der dem Schweigen des Arbeitnehmers ein bestimmter Erklärungswert beigemessen wird. Arbeitgebern wird es damit praktisch unmöglich, sich von Vergünstigungen, die aufgrund betrieblicher Übung entstanden sind, wieder zu befreien. Der Anspruch des Mitarbeiters auf Gewährung der Vergünstigung kann nur durch eine entsprechende ausdrückliche vertragliche Vereinbarung oder Änderungskündigung beseitigt werden.
Am besten ist es daher für ein Unternehmen, wenn erst gar keine Betriebsübung entsteht. Als Arbeitgeber sollten sie daher Vergünstigungen von vorneherein nur unter dem eindeutigen und unmissverständlichen Vorbehalt der Freiwilligkeit und ohne Begründung eines Rechtsanspruchs gewähren. So kann eine Betriebsübung verhindert werden.