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Patientenverfügung – Bundestag beschließt gesetzliche Verankerung

Am 18. Juni 2009 hat der Deutsche Bundestag in dritter Lesung den Vorschlag des SPD-Abgeordneten Stünker für eine gesetzliche Regelung zur Wirksamkeit und Reichweite von Patientenverfügungen beschlossen. Der Bundesrat stimmte am 10. Juli 2009 zu, so dass das Gesetz am 1. September 2009 in Kraft treten wird.

Bei einer Patientenverfügung handelt es sich um die schriftliche Festlegung für den Fall der Einwilligungsunfähigkeit, ob bestimmte ärztliche Maßnahmen eingeleitet oder unterlassen werden sollen. Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass nahe Angehörige befugt wären, die notwendigen Entscheidungen für einen zu treffen. Nur durch eine Patientenverfügung kann das Recht auf Selbstbestimmung bei der Wahl der Behandlungsmethode und bei der Frage eines Behandlungsabbruchs gewahrt werden. Der in der Patientenverfügung erklärte Verzicht auf die weitere Therapierung einer tödlich verlaufenden Krankheit bedeutet nie eine völlige Einstellung der ärztlichen Behandlung. Es geht somit um eine Therapiereduktion, das heißt um den Verzicht auf bestimmte Medikamente, Transfusionen, Reanimationen oder Operationen. Diese Maßnahmen haben dann nicht mehr eine Heilung zum Ziel, sondern sollen eine bestmögliche Lebensqualität für den Patienten erreichen. Es muss dabei stets eine ausreichende pflegerische Versorgung, menschliche Zuwendung, Stillung des Hunger- und Durstgefühls sowie eine ausreichende Zufuhr von Schmerzmitteln sichergestellt sein.

Die Patientenverfügung gesetzlich zu verankern wurde lange diskutiert. Seit Ende der 90er Jahre werden Patientenverfügungen weitestgehend anerkannt. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Beschlüssen aus den Jahren 2003 und 2005 bereits die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts bei ärztlichen Maßnahmen und die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung bestätigt. Das Bundesministerium der Justiz legte 2004 einen Referentenentwurf für eine gesetzliche Regelung vor.

Die Abgeordneten konnten sich nun nach monatelangen Streitigkeiten zwischen den drei konkurrierenden Gesetzesentwürfen „Stünker (SPD)“, „Zöller/Faust (CSU/CDU)“ und „Bosbach (CDU)“ entscheiden. Der Zöller-Entwurf verlangte keine schriftliche Verfügung. Danach hätten auch durch Zeugen übermittelte Bekundungen Geltung. Ärzte, Betreuer und gegebenenfalls weitere Angehörige müssten jeweils darüber beraten, ob die Verfügung auf die konkrete Situation des Patienten nach wie vor noch zutrifft. Der Entwurf des Abgeordneten Bosbach war an mehrere Vorgaben geknüpft. So sollte der Grad der Verbindlichkeit der Patientenverfügung davon abhängig gemacht werden, ob die Patientenverfügung notariell beurkundet wurde und ob der Verfügende im Vorfeld der Erstellung der Patientenverfügung ärztlich beraten wurde. Auch durfte die Verfügung nicht älter als fünf Jahre sein.

Der nun beschlossene Entwurf Stünkers knüpft die Selbstbestimmung des Verfügenden weder an hohe bürokratische Anforderungen noch an Art oder Stadium der Erkrankung. Eine schriftliche Patientenverfügung gilt damit in jeder Lebensphase. Somit kann nun jeder geschäftsfähige Volljährige in einer schriftlichen Patientenverfügung im Voraus festlegen, ob und wie er später ärztlich behandelt werden will, wenn er seinen Willen nicht mehr selbst äußern kann. Eine Begrenzung der Reichweite, die den Patientenwillen kraft Gesetzes in bestimmten Fällen für unbeachtlich erklärt, gibt es nun nicht. Ärzte, Betreuer und Bevollmächtigte sind im Fall der Entscheidungsunfähigkeit des Patienten an dessen Patientenverfügung gebunden. Sie müssen allerdings prüfen, ob die Festlegungen in der Patientenverfügung noch dem der aktuellen Lebens-​ und Behandlungssituation entsprechen. Existiert keine Patientenverfügung oder treffen die Festlegungen in der Patientenverfügung nicht die aktuelle Situation, muss der Betreuer oder Bevollmächtigte unter Beachtung des mutmaßlichen Patientenwillens entscheiden, ob er in die Untersuchung, die Heilbehandlung oder den ärztlichen Eingriff einwilligt. Die Entscheidung über die Durchführung einer ärztlichen Maßnahme wird im Dialog zwischen Arzt und Betreuer beziehungsweise Bevollmächtigtem vorbereitet. Der behandelnde Arzt prüft, was medizinisch indiziert ist und erörtert die Maßnahme mit dem Betreuer oder Bevollmächtigten, möglichst unter Einbeziehung naher Angehöriger und sonstiger Vertrauenspersonen. Sind sich Arzt und Betreuer beziehungsweise Bevollmächtigter über den Patientenwillen einig, bedarf es keiner Einbindung des Vormundschaftsgerichts. Bestehen hingegen Meinungsverschiedenheiten, müssen weitreichende Entscheidungen vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden.

Erfreulich für all diejenigen, die bereits eine Patientenverfügung errichtet haben: Bestehende Patientenverfügungen haben damit weiterhin Gültigkeit.

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