Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 21. Juli 2010 (1 BvR 420/09) die derzeitige Regelung des Sorgerechts für unverheiratete Väter für verfassungswidrig erklärt. Bislang konnten nicht verheiratete Väter nur mit Zustimmung der Kindsmutter ein gemeinsames Sorgerecht erhalten. Verweigerte die Mutter die Zustimmung, war der Vater gegenüber seinem Kind rechtlos gestellt. Da es an einer Überprüfung durch das Familiengericht fehlte, gab es für Väter ohne Trauschein nahezu keine Möglichkeit, das Sorgerecht gegen den Willen der Mutter zu bekommen. Bislang konnte der ledige Vater nur dann das alleinige Sorgerecht für das gemeinsame Kind erhalten, wenn der Mutter das Sorgerecht wegen Gefährdung des Kindeswohls entzogen wurde oder die Mutter verstarb. Die Karlsruher Richter befanden in dem am 3. August 2010 veröffentlichten Beschluss, dass die bisherige Regelung gegen das grundgesetzlich geschützte Elternrecht des Vaters verstößt. Sie setzten damit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember 2009 um. Das Straßburger Gericht hatte gerügt, dass das deutsche Kindschaftsrecht ledige Mütter gegenüber den Vätern bevorzuge und damit gegen das Diskriminierungsverbot in der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoße. Nicht höchstrichterlich beanstandet wurde, dass die Kindsmutter grundsätzlich das Sorgerecht für ein nichteheliches Kind bekommt. Jetzt werden die Familiengerichte das gemeinsame Sorgerecht von Vater und Mutter anordnen, wenn dies dem Kindeswohl entspricht.
Das Bundesjustizministerium arbeitet bereits an einer gesetzlichen Neuregelung. In der Diskussion sind gegenwärtig zwei Varianten. Bei der Widerspruchslösung erhält der Vater – sobald die Vaterschaft feststeht – neben der Mutter automatisch das Sorgerecht. Will die Mutter dies verhindern, zum Beispiel weil sie Bedenken hat, muss sie innerhalb einer Frist widersprechen. Anschließend wird das Familiengericht prüfen, ob die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht. Bei der Antragslösung muss der Vater das gemeinsame Sorgerecht vor dem Familiengericht beantragen, so dass dieses in jedem Fall tätig wird.
Ab sofort können betroffene Väter eine gerichtliche Entscheidung beantragen, wenn dem gemeinsamen Sorgerecht die Zustimmungsverweigerung der Mutter entgegensteht. Vorläufige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts schaffen neue Rechtsschutzmöglichkeiten. Betroffene Väter müssen nicht auf die gesetzliche Neuregelung warten.
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