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Keine Erbschaftsteuerpflicht für Abfindung an weichenden Erbprätendenten

In seinem am 15. Juni 2011 veröffentlichten Urteil vom 4. Mai 2011 (II R 34/09) änderte der Bundesfinanzhof (BFH) seine bisherige Rechtsprechung zur Erbschaftsteuerpflicht bezüglich der Abfindung an einen weichenden Erbprätendenten. Hatte der Erblasser mehrere Testamente errichtet, in denen er jeweils verschiedene Personen als Alleinerben eingesetzt hat, und war die Wirksamkeit der Testamente zwischen den potentiellen Erben streitig, ist eine aufgrund eines Prozessvergleichs gezahlte Abfindung an den weichenden Erbprätendenten kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb von Todes wegen im Sinne des § 3 ErbStG.

Die Erblasserin setzte in ihren Testamenten aus dem Jahr 1986 und 1997 ihren Neffen zum Alleinerben ein und verfügte Vermächtnisse zugunsten weiterer Personen. In einem weiteren Testament aus dem Jahr 2002 vermachte sie ihr Sparguthaben an eine Freundin beziehungsweise deren Tochter. Die Freundin war zum Zeitpunkt des Ablebens der Erblasserin bereits vorverstorben. Nach dem Tod der Erblasserin kam es wegen der Erbfolge zum Rechtsstreit zwischen dem Neffen und der Tochter der Freundin. In einem Vergleich nahm der Neffe von seinen potentiellen Erbansprüchen Abstand, da sich die Tochter der Freundin zur Zahlung von 45.000 € verpflichtete.

Das Finanzamt sah in der Abfindungszahlung einen erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb und setzte gegen den Neffen eine Erbschaftsteuer von 7.155 € fest. Dessen Einspruch und die anschließende Klage vor dem Finanzgericht blieben ohne Erfolg. Obwohl die Abfindungszahlung an einen weichenden potentiellen Erben im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist, sah das Finanzgericht die Abfindung des Neffen als Erbanfall im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an und berief sich auf die ständige Rechtsprechung des BFH.

Der BFH hat entgegen seiner früheren Rechtsprechung jetzt entschieden, dass die Abfindung des Neffen nicht der Erbschaftsteuer unterliege. In § 3 ErbStG seien alle Vorgänge, die als Erwerb von Todes wegen in Betracht kommen, abschließend aufgezählt (z.B. Erbanfall, Vermächtnis, Pflichtteilsanspruch). Alle anderen Erwerbsvorgänge unterlägen nicht der Erbschaftsteuer, auch wenn sie im Zusammenhang mit einem Erbfall entstanden seien. Eine analoge Anwendung scheide mangels Lücke aus.

Falls erbschaftsteuerliche Freibeträge überschritten werden, ist künftig nur derjenige zur Zahlung der Erbschaftsteuer verpflichtet, dem die Erbschaft nach einem Vergleich zufällt. Miterben, die nach dem jetzigen Urteil nur deshalb einen Vergleich schließen wollen, um die Erbschaftsteuer zu umgehen oder zu reduzieren, werden es schwer haben. Das Erbrecht kann weiterhin nicht mit dinglicher Wirkung durch einen Vergleich begründet beziehungsweise abgelehnt werden. Erbvergleiche, die in der Praxis gemeinhin zur Beendigung eines Rechtsstreits über Erbquoten, die Höhe ausgleichungspflichtiger Vorempfänge oder zur Erbauseinandersetzung geschlossen werden, fallen nicht unter das Urteil.

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