Mit Beschluss vom 16. August 2013 (I-3 Wx 134/13) entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass eine Erbenstellung aufgrund eines nicht auffindbaren privatschriftlichen Testaments nicht dadurch bewiesen werden kann, dass ein Zeuge bestätigt, der Erblasser habe mehrfach und bis zu seinem Tod auf Familienfeiern und ähnlichen Anlässen erklärt, dass er ein handschriftliches Testament mit dem besagten Inhalt aufgesetzt habe und bei sich zu Hause aufbewahre.
Die Tochter der Erblasserin beantragte beim Nachlassgericht einen Erbschein als Alleinerbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Hiergegen wandte die Enkelin der Erblasserin ein, dass es ein bislang nicht auffindbares Testament gebe, in dem die Erblasserin sie als Miterbin eingesetzt hätte. Als Beweis hierfür benannte sie unter anderem zwei Zeugen.
Grundsätzlich bedarf es für den Nachweis der Erbenstellung des Vorhandenseins einer letztwilligen Verfügung im Original. Ist dieses nicht auffindbar, so entfaltet das Testament dennoch seine Wirkung, wenn es ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet wurde, verloren gegangen oder sonst nicht auffindbar ist. In einem solchen Ausnahmefall können die Errichtung und der Inhalt des Testaments in einem gerichtlichen Verfahren mit allen zulässigen Beweismitteln, somit auch durch Zeugenaussagen, bewiesen werden.
Beruft sich jemand auf ein unauffindbares Testament, muss er die formgültige Errichtung und den Inhalt des Testaments beweisen und trägt damit im Erbscheinsverfahren die Feststellungslast. Eine Vermutung dafür, dass der Erblasser das Testament vernichtet hat, besteht grundsätzlich nicht.
An den Nachweis der formwirksamen Errichtung eines verschwundenen Testaments sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Dieses muss ursprünglich eigenhändig handschriftlich verfasst worden sein. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es wahr ist, dass die Erblasserin vor Zeugen mehrfach und bis zu ihrem Tod auf Familienfeiern und ähnlichen Anlässen gesagt habe, dass sie ein handschriftliches Testament mit dem besagten Inhalt aufgesetzt habe und bei sich zu Hause aufbewahre, ist dies allein für einen Nachweis der tatsächlichen Errichtung des Testaments mit dem von der Enkelin behaupteten Inhalt nicht ausreichend. Angaben der Erblasser über angeblich errichtete Testamente entsprechen häufig nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, so das Gericht.
Außerdem behauptete die Enkelin nicht, dass ein Zeuge das Testament persönlich gesehen habe. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass der der Zeuge auch die formgültige Errichtung durch den Erblasser bezeugen muss und nicht nur, vom Hörensagen des Erblassers mitbekommen hat, dass angeblich ein handgeschriebenes Testaments errichtet wurde. Diesen Nachweis gelang der Enkelin nicht.
Um sicherzustellen, dass privatschriftliche Testamente aufgefunden und nicht vernichtet werden, sollten diese einer Vertrauensperson ausgehändigt, eine zweite gleichlautende Verfügung von Todes wegen außer Haus hinterlegt oder in die amtliche Verwahrung gegeben werden. Erblasser laufen ansonsten Gefahr, dass wenn ein gesetzlicher Erbe nach dem Todesfall ein Testament findet, das ihn schlechter stellt als die Verfügungen im Testament, diesen dazu verleitet, die Urkunde verschwinden zu lassen. Besonders häufig kommt dies nach unserer Einschätzung dann vor, wenn der Erblasser geschieden oder verwitwet ist und nur ein Kind hinterlässt. Aufgrund der gesetzlichen Erbfolge würde diesem Kind als Alleinerben alles zustehen. Wollte der Erblasser aber auch anderen Personen (insbesondere Enkel, Neffen/Nichten) oder gemeinnützigen Organisationen etwas zukommen lassen, dann werde der Vorwurf der Beiseiteschaffung letztwilliger Verfügungen von Todes wegen besonders häufig erhoben.