Wir alle erleben aufgrund der Corona-Pandemie diverse Einschränkungen in unterschiedlichen Lebensbereichen. Auch in Hinblick auf Scheidungen wird Corona voraussichtlich Spuren hinterlassen und die Scheidungszahlen ansteigen lassen. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich, wobei jedoch die viele gemeinsame Zeit in den eigenen vier Wänden eine zentrale Rolle spielen dürfte. Unser Team um den Fachanwalt Frank Felix Höfer widmet sich kompetent allen familienrechtlichen Themen für unsere Mandanten und Mandantinnen in Stuttgart. In diesem Beitrag beantworten wir alle Fragen zu den steigenden Scheidungszahlen durch Corona, gehen auf mögliche Gründe ein und erläutern, was sich während der Pandemie bei einem Scheidungsverfahren ändern kann.
Der Scheidungstrend vor Corona
Die Scheidungszahlen unterliegen einem stetigen Wandel und haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte stark verändert. Während laut dem Statistischen Bundesamt 1960 gerade einmal knapp elf Prozent aller Ehen geschieden wurden, stiegen die Scheidungszahlen fortan kontinuierlich. Ihren Höhepunkt erreichten sie 2005, als über 50 Prozent der Ehen geschieden wurden. Seitdem konnten wir, mit Ausnahme der Jahre 2011 und 2019, jedoch wieder einen Rückgang der Scheidungen erkennen. Im Jahr 2018 wurden nur noch rund 33 Prozent der Ehen geschieden, im Jahr 2019 waren es etwa 36 Prozent. Im Coronajahr 2020 ändert sich der Abwärtstrend jedoch wahrscheinlich abermals in die entgegengesetzte Richtung.
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So haben sich die Scheidungszahlen verändert
Bereits im Sommer 2020 zeichnete sich ab, dass die Scheidungszahlen aufgrund von Corona ansteigen werden. Erwartet wurde eine Scheidungsrate, die um ein Fünffaches höher ist als die des Vorjahres. Erste Erkenntnisse von Anwälten und Anwältinnen zeigen, dass es vermehrt zu Scheidungsverfahren kommt. Denn jede Scheidung muss durch ein Familiengericht entschieden und einen Anwalt oder eine Anwältin begleitet werden. Konkrete Zahlen wird es laut Statistischem Bundesamt voraussichtlich erst 2022 geben. Und auch hier bleibt zu berücksichtigen, dass vom Wunsch sich scheiden zu lassen bis zur rechtskräftigen Scheidung mehrere Jahre, mindestens aber das Trennungsjahr, vergehen können.
Gründe für steigende Scheidungszahlen während Corona
Prinzipiell gibt es zwei Gruppen von Paaren, bei denen Corona und die damit einhergehenden Maßnahmen zu dem Entschluss führen, sich scheiden zu lassen. Bei einer dieser beiden Gruppen war die Situation bezüglich ihrer Ehe schon längere Zeit angespannt. Die Einschränkungen und Herausforderungen durch Corona sind dann in vielen Fällen der letzte auslösende Faktor, der zur Scheidung führt. Beispielhaft dafür sind folgende Stressfaktoren:
- Viel Zeit in der gemeinsamen Wohnung
- Homeschooling
- Fehlende Sozialkontakte
- Fehlender Ausgleich, zum Beispiel durch Hobbys
- Mehrfachbelastung durch geschlossene Kitas und Schulen
Die andere Gruppe hatte bereits über eine Scheidung nachgedacht. Im Zuge des Lockdowns hatten die betreffenden Personen die notwendige Zeit, über ihren Entschluss nachzudenken und die Scheidung einzureichen.
Scheidungsverfahren während der Corona-Pandemie
Scheidungswillige können auch während der Corona-Pandemie den Anwalt oder die Anwältin ihres Vertrauens jederzeit mit ihrem Anliegen kontaktieren. Bevor es zur Scheidung kommt, muss das jeweilige Ehepaar das sogenannte Trennungsjahr hinter sich bringen. Sollte es aufgrund von Corona nicht möglich sein, eine eigene Wohnung zu beziehen, ist rechtlich hier auch das Beziehen eigener Räume in der gemeinsamen Wohnung möglich. Ehemalige Paare, die bereits einen Termin beim Familiengericht haben, erfahren von ihrem Anwalt oder ihrer Anwältin rechtzeitig, ob Scheidungen aktuell wie geplant durchgeführt werden und erhalten Informationen zu geltenden Hygienemaßnahmen.